Anglerfisch – das Monster aus der Tiefsee

Wenn in der Schwärze der Tiefsee plötzlich ein kleines Licht aufleuchtet, werden andere Lebewesen beinahe magisch davon angezogen. Und schwimmen so in ihr Verderben. Denn kaum ist das kleine Fischlein auf das Licht zu geschwommen, öffnet sich ein spitz bezahntes Maul und schon ist nichts mehr von dem Fischlein übrig. Das zumindest ist das Bild, was die meisten wohl im Kopf haben, wenn sie an den Anglerfisch denken. Wir klären heute über diese Wunderwesen (oder Alptraumwesen?) auf.

Wir beschäftigen uns hier übrigens nur mit dem Tiefsee-Anglerfisch. Trotz des ähnlichen Namens haben diese Wesen wenig mit dem Anglerfisch zu tun. Dieser kommt hauptsächlich in tropischen und subtropischen Gewässern vor und ist, aufgrund seiner Lebensräume, wesentlich besser erforscht und kann sogar als Fisch im Salzwasseraquarium gehalten werden.

Tiefsee Anglerfisch im Steckbrief

Synonyme: Tiefseeangler
Englischer Name: deep sea angler fish, ceratioidei
Wissenschaftlicher Name: Ceratioidei
Ordnung: Tiefsee-Anglerfisch
Familie: Die Ordnung der Tiefsee-Anglerfische umfasst elf Familien mit etwa 160 Arten
Größe: Weibchen zwischen 6 und 120 cm, Männchen nur 5-10% ihrer jeweiligen Weibchen
Alter: – keine Informationen –
Körperbau: Weibchen: meist rundlich und kurz, ca. 40 % der Körpergröße werden vom Kopf eingenommen, sie haben ein Leuchtorgan. Männchen: langgestreckter Körper, kein Leuchtorgan
Schuppen: meist schuppenlos, Haut kann mit Stacheln oder Papillen bedeckt sein
Farbgebung: farblos, braun, schwarz, teilweise komplett unpigmentiert und transparent
Flossenformel: D 3-8, A 3-7, P 12-30, V 2-5, C 9
Maul: lang
Zähne: Weibchen: Fangzähne. Männchen: Zähne, um sich am Bauch des Weibchens festzubeißen
Augen: – keine Informationen –
Nahrung: kleinere Fische und Krebse
Laichzeit: – keine Informationen –

Forschung um den Tiefsee Anglerfisch

Wie ihr unserem Steckbrief vielleicht schon entnommen habt, ist überraschend wenig über diese Ordnung der Fische bekannt. Das liegt hauptsächlich daran, dass diese Fische ab 300 Metern Wassertiefe zu finden sind, einige Familien und Arten sogar erst ab 1000 Metern Tiefe.

Die meisten Untersuchungen wurden an Tieren durchgeführt, die sich aufgrund ihrer Größe in Fischernetzen verfangen hatten oder an Land gespült wurden. Die ersten Kameraaufnahmen eines lebenden Tiefseeanglers gelangen erst im Jahr 2018 in ungefähr 800 Metern Tiefe. Hier landeten die Forscher einen Glückstreffer, denn es handelte sich um ein schwangeres Tiefseeangler-Weibchen mit Männchen. Wie das genau gemeint ist, erklären wir unter Paarung noch einmal genauer.

Da es schon zu dieser Ordnung so wenig bekannte Fakten gibt, gibt es zu den einzelnen Familien oder gar Arten noch weniger Informationen. Wir haben uns deshalb dazu entschlossen, über diese Ordnung zu informieren und jeweils auf gravierende Unterschiede bei einzelnen Arten zu verweisen.

Lebensraum

Wie bereits erwähnt, leben die verschiedenen Arten der Tiefseeangler ab 300 Meter Tiefe im sogenannten Pelagial. Das ist die Bezeichnung für den uferfernen Freiwasserbereich in Seen und Ozeanen. Sie sind nach Tiefen noch weiter unterteilt in Epipelagial (bis 200 m), Mesopelagial (200 m – 1000 m), Bathypelagial (1000 m bis 4000 m), Abyssopelagial (4000 m bis 6000 m) und den Hadopelagial (6000 m bis 11000 m).

Man vermutet, dass die Tiefseeangler bis in die Tiefen des Abyssopelagials leben und überleben können. Sie kommen in allen Weltmeeren vor.

Hauptfamilien der Tiefseeangler

Die Tiefsee Anglerfische sind in elf Familien unterteilt. Sie ähneln sich in vielen Eigenschaften, jedoch nicht in allen.

Caulophrynidae (Fächerflosser)
Ceratiidae (Rutenangler)
Gigantactinidae (Peitschennasen-Angler)
Thaumatichthyidae
Linophrynidae (Teufelsangler)
Neoceratiidae
Centrophrynidae
Oneirodidae
Himantolophidae (Peitschenangler)
Melanocetidae (Schwarzangler)
Diceratiidae (Doppelanglerfische)

Aussehen und Merkmale der Tiefseeangler

Bei insgesamt 160 Arten gibt es eine große äußerliche Vielfalt. Grundsätzlich kann man lediglich sagen, dass bei allen erforschten Tiefseeanglern ein großer Sexualdimorphismus herrscht. Wie im Steckbrief bereits erwähnt, werden die Weibchen bis zu zehnmal so groß und tausendfach schwerer als ihre Männchen. Sie besitzen auch die legendären leuchtenden „Laternen“. Bis auf wenige Unterarten besitzen alle Tiefseeangler diese Angel mit Laterne (Esca). Auf alle Besonderheiten dieser Angel und der Laterne gehen wir gleich nochmal genauer ein.

Die meisten Tiefseeanglerfische sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt. Einige Arten haben jedoch pigmentlose Haut, die völlig transparent ist.

Tiefsee Anglerfisch mit transparenten Schuppen

Man könnte meinen, sie sei das Schneewittchen unter den Anglerfischen: Ein Weibchen mit pigmentloser Haut.

Die Männchen der jeweiligen Art ähneln dem Weibchen von Farbe und Flossenverteilung her, sie sind bloß um ein Vielfaches kleiner.

Tiefseeangler-Weibchen besitzen spitze, dolchähnliche Zähne. Bei den Männchen hängt die Bezahnung davon ab, ob sie den in fünf Angler-Familien verbreiteten „Sexualparasitismus“ betreiben. Ist das der Fall, ist das Maul des Männchens auf Nahrungsaufnahme durch das Weibchens ausgelegt. Leben Männchen und Weibchen getrennt voneinander, haben die Männchen ein eigenes, voll funktionsfähiges Gebiss.

Neben der im Steckbrief verzeichneten Flossenformel gibt es noch einige Kleinigkeiten zu diesem Thema zu sagen: Bei den meisten Familien der Tiefseeangler ist der erste Rückenflossenstachel die Angel (Illicium), an der die Laterne (Esca) hängt. Bis auf bei den Caulophrynidae haben die Tiefseeangler keine Bauchflosse nach dem Larvenstadium und auch in dieser Familie bildet sie sich kurz nach der Metamorphose zurück.

Kommen wir nun zum wohl spannendsten und ungewöhnlichsten Merkmal dieser Wesen.

Die Angel

Wie sich diese ausprägt, ist von Art zu Art verschieden. Das aus „Findet Nemo“ bekannte Monster existiert genauso nicht, aber es gibt tatsächlich eine Familie, deren Vertreter dem Fisch erschreckend nah kommen. Die Schwarzangler werden gerade einmal 11 bis 18 cm groß und haben eine einzelne Esca, die vom Kopf absteht. Mit ihrem Licht locken sie ihre Nahrung an. Einen solchen Fisch seht ihr ganz oben im Beitrag.

Andere Familien haben mehrere Escen, die aus dem ganzen Körper herauswuchern. Sie ähneln den Nesseln der Quallen und schweben schwerelos um das Weibchen im Wasser. So zum Beispiel auch das 2018 aufgenommene Weibchen aus der Familie der Fächerflossen.

Die Form der Esca ist ein wichtiges Merkmal, anhand dessen zwischen einzelnen Arten unterschieden wird. Grundsätzlich besteht sie aber aus vielen Bläschen, lichtleitenden Strukturen, reflektierenden Schichten und Pigmenten. Die Bläschen sind gefüllt mit lumineszierenden Bakterien. Man vermutet, dass diese eine Art Symbiose mit dem Weibchen verbindet. Außerdem werden in der Esca wohl Hormone produziert, die die Partnersuche erleichtern.

Die Fische der Teufelsangler-Familie besitzen zusätzlich leuchtende Bartfäden. Dieses leuchtet nicht durch die Bakterien, sondern aufgrund eines fotogenen Granulats. Welchen Zweck diese zusätzliche „Leuchte“ erfüllt, ist nicht ganz klar.

Sicher ist, dass mit dieser Laterne Beutetiere angelockt werden. Bei nesselartigen Illicien und Escen vermutet man, dass sie zusätzlich den Zweck von „Tasthaaren“ erfüllen. Werden über die Nesseln Bewegungen wahrgenommen, kann gefressen oder sich gepaart werden.

Lebensweise der Tiefseeangler

Nahrung

Die Tiefseeangler haben sich optimal an ihren eher unwirtlichen Lebensraum angepasst. Durch die leuchtenden Köder an ihren Angeln locken sie Beute an, ohne sich viel bewegen zu müssen.

Zu ihren Beutetieren gehören Fische und kleine Krebse. Um möglichst viel Nahrung auf einmal aufnehmen zu können und auf eventuelle, längere Hungerphasen vorbereitet zu sein, haben viele Arten einen extrem dehnbaren Magen, sodass sie Beute fressen können, die größer ist, als sie selbst.

All das gilt hauptsächlich für die Weibchen, denn in vielen Fällen haben die Männchen selbstständige Ernährung nicht nötig.

Fortpflanzung und Sexualparasitismus beim Tiefsee Anglerfisch

Mindestens fünf der elf Tiefseeanglerfamilien praktizieren das, was die Wissenschaft Sexualparasitismus nennt. Haben sich Männchen und Weibchen gefunden, dockt dass Männchen am Körper des Weibchens an. Sein Kiefer ist extra darauf ausgelegt.

Je nach Familie bleibt diese Bindung nur für den Zeitraum der Paarungszeit oder für den Rest des Lebens. Ist es eine lebenslange Verbindung, bildet sich der Kiefer des Männchens noch weiter zurück und es wächst eine Art Nabelschnur. Das Männchen wird nun aus dem Blutkreislauf des Weibchens ernährt und gibt dafür Spermien ab.

Aufgrund dieses Austausches ist diese Beziehung genau genommen kein Parasitismus, doch das Ungleichgewicht von lebenslange Ernährung gegen Besamung führte zu diesem Begriff. Es ist nicht klar, ob das Männchen mehrfach in der Lage ist, zu besamen. Was jedoch aufgefallen ist, ist dass die Rekordzahl von „angedockten“ Männchen an einem Weibchen bei acht Männchen lag.

 

Konnten wir euch dieses Tiefseemonster näher bringen? Seid ihr auch so fasziniert von allem, was da unten so vor sich geht? Erzählt uns doch euren spannendsten Fun-Fact über die Tiefsee!

4.2/5 - (9 votes)

1 Kommentar

  1. Pascall Schrader

    Super Fisch!

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Noch mehr Artikel aus unserem Blog lesen:

Angeln in Brandenburg

Angeln in Brandenburg kann ganz einfach sein! Wir haben alle Infos zum Thema Angelschein, Zielfische und Ausrüstung!

Das gelbe Riff – Teil 1

Die meisten Angler denken beim Thema Dickdorsch, Seelachs, Leng und Co. an die steilen Küsten und Fjorde Norwegens. Das Land im hohen Norden ist auch definitiv eine Reise wert und lässt jedes Jahr zahlreiche Anglerherzen höher schlagen. Aber warum in die Ferne...

Heringssalat: ein weihnachtliches Fischrezept

Norddeutscher Heringssalat mit roter Beete ist eine leckere Beilage. Wir haben ein einfaches Rezept für euch.

Der Hornhecht im Fischportrait

Horni, Silberpfeil, Mini-Marlin oder Arbeiteraal – gemeint ist immer der aalförmige silbrige Jäger, den es ab Mai in die flachen Küstengewässer der Nord- und Ostsee verschlägt: der Hornhecht. Er mag zwar nicht der bekannteste Raubfisch unter Anglern sein, dabei...

Winter Angelbekleidung: So bleibt ihr warm

Wir sprechen heute über die richtige Winter Angelbekleidung. Mit unseren Tipps und Empfehlungen bleibt ihr warm am Wasser.

Kategorien

Archiv

Der Palomar-Knoten – Einfach, schnell und unglaublich stark

Der Palomar-Knoten – Einfach, schnell und unglaublich stark

Es ist immer wieder interessant, mit anderen Anglern ins Gespräch zu kommen und sich über verschiedene Angelmethoden und -techniken auszutauschen. Oft kommt man dabei auf das Thema Knoten zu sprechen und wir sind immer wieder erstaunt, wie wenige Angler einen unserer...

Monofile Raubfischvorfächer – Dickes Mono, dicke Räuber

Monofile Raubfischvorfächer – Dickes Mono, dicke Räuber

In unserem heutigen Beitrag soll es darum gehen, wie man sich monofile Raubfischvorfächer einfach selbst herstellen kann. Wir haben häufig Anfragen zu diesem Thema bekommen und wollen euch unsere Vorgehensweise erklären. Selbstverständlich haben wir auch wieder ein...

Libra Lures – Erfolgreich und ohne Aufwand am Forellensee angeln

Libra Lures – Erfolgreich und ohne Aufwand am Forellensee angeln

Die Temperaturen sinken, die Fische werden langsam träger und für die Raubfischangler steht vielerorts die Schonzeit bevor. Aber einen richtigen Angler hält es nicht auf dem Sofa und ein Ausflug an den nächstgelegenen Forellensee ist eine willkommene Abwechslung....